Die Schallmauer im Straßenverkehr

Eine Kolumne, die direkt in den Gehörgang geht.

Lauter. Schriller. Schreiend. Problemlos dürfte sich eine Mehrheit finden lassen, die diese These über unseren Alltag unterstreichen, sogar unterschreiben würde. Aber stimmt denn das auch noch, wenn wir uns über den Verkehr unterhalten? In der Mobilität gibt es einen gegensätzlichen Trend: Eine Generation von Leisetretern macht sich auf den Straßen breit. Was prinzipiell zu begrüßen ist, aber auch neue, andere Gefahren birgt. So dürfte im Verkehrsunterricht bald neben der Aufforderung, nach links und rechts zu gucken, auch der dringliche Hinweis folgen, nach links und rechts zu hören.

Die schleichende Gefahr

Stille kann beruhigen, aber auch Gefahr mit sich bringen. Ein E-Auto macht natürlich keinen Motorenlärm mehr, in Kombination mit dem sogenannten Flüsterasphalt schleicht es inzwischen sogar durch die Städte. Allerdings ist Schleichen nur akustisch das richtige Wort. Die Stromer sind so schnell wie jedes andere Kfz, dazu im Antritt eher giftiger. Ein Moment der Unkonzentriertheit reicht bei Fußgängern und Radfahrern schon, um auf eine Kollision zuzusteuern. Nur wenn sie surren würden wie liebestolle Bienen, wären wir aufmerksamer. Aber das tun ja selbst die Straßenbahnen kaum noch. Unsere Hörgewohnheiten müssen sich dem anpassen, wir können uns im Getümmel auf der Straße nicht mehr auf den Gehörgang allein verlassen. Manchmal beginnen wir uns schon nach Fehlzündungen oder einem Mofaknattern zu sehnen.

Die Metropolen drehen am Rad

Die ersten heiklen Begegnungen hatte der Kolumnist anderswo auf der Welt. In Shanghai konnte er schon immer problemlos jede große Kreuzung auf seiner Joggingrunde im Laufschritt queren, chinesische Verkehrsteilnehmer sind geschult darin, dass andere merkwürdige Dinge tun, und das meistens noch urplötzlich. Ging auch alles gut, bis auf dem breiten Radweg aus dem Nichts und lautlos ein Elektromoped auftauchte. Und ein ganzes Geschwader hinterher. Vollbremsung – beim Menschen. Gerade nochmal gut gegangen. In Manhattan war es kaum besser. Während der Pandemie sind auf allen Avenues beidseitig Radschnellwege eingerichtet worden. Die werden zu 80 Prozent von stark motorisierten Essensboten genutzt, die restlichen 20 Prozent durch Touristen auf dem Leih-E-Bike. Den meisten Einheimischen wäre es auf der Zweirad-Überholspur viel zu gefährlich.  Es herrscht eine ziemliche Unruhe in New York durch die leise Gefahr. Gut, dass die Sirenen der Polizeiautos noch plärren wie eh und je.

Deutschlands erster Lärmblitzer

Unsere Bundeshauptstadt hingegen hat gerade am Kurfürstendamm den ersten Lärmblitzer überhaupt in der Republik aufstellen lassen, mit vier Mikrofonen sollen Fahrer ermittelt werden, die den Motor zu stark aufheulen lassen. Haste Töne! Ob der auch auslöst, wenn E-Autos künftig mit der technisch möglichen und einst auch versprochenen Musikbegleitung unterwegs sein werden? Diese Geräuschkulisse möchten wir uns gar nicht ausmalen. In Krimis wird es dann künftig heißen: „Folgen Sie dem Wagen mit dem Heavy-Metal-Sound!“ Und wir hören schon Wagners Walkürenritt, wenn die Kinder im SUV zur Schule gebracht werden…

Die Schallmauer liegt bei 20 km/h

Die schweigsamen Autos müssen ja nicht gleich piepen wie ein Gabelstapler im Rückwärtsgang, wenn sie Fußgängern zu nahe kommen. Aber ein Anti-Stumm-Assistent im intelligenten Wagen wäre doch mal eine prima Erfindung. Immerhin ist bei Neufahrzeugen seit dem vorletzten Sommer AVAS vorgeschrieben, ein „Acoustic Vehicle Alerting System“, das bis zur Grenze von 20 km/h von jedem Fahrzeug „Schallzeichen“ verlangt. Deshalb: Bleiben Sie immer ganz Ohr auf der Straße.

Betriebsrestaurant 2.0

Was moderne Mitarbeiterverpflegung bedeutet

Gesunde und optisch ansprechende Speisen: auch in Betriebsrestaurants angesagt

Nouvelle Cantine nennt sich der Mega-Trend in der Betriebsgastronomie, den das Deutsche Zukunftsinstitut entdeckt hat. Schon jetzt aber herrscht eine neue Kultur in den Betriebsrestaurants und die GTÜ erfüllt seit Juni mit dem neu eröffneten „Geschmacksstützpunkt“ in ihrer Zentrale die Ansprüche an ein modernes Konzept und gesundes Essen. Der GTÜ-Blog hat mit Philipp Stollsteimer, dem Geschäftsführer des Stuttgarter Traditionsunternehmens Stollsteimer, über veränderte Ess- und Genussgewohnheiten gesprochen.

Herr Stollsteimer, es ist jetzt kurz nach halb zwei Uhr, das Mittagessen ist durch, ist der Tag für Sie gelaufen?

Für mich noch nicht ganz. Für unsere Küchenteams größtenteils schon. In unserer Küche für Kitas und Schulen geht es zum Teil schon um zwei Uhr nachts los. Und um halb sechs herrscht dann richtig Hochbetrieb. Wir kochen dort bis zu 15.000 Kindermenüs am Tag. In den Betriebsrestaurants starten wir zwischen 5 und 6 Uhr. Das Prinzip ist in beiden Bereichen aber dasselbe: Die Essen müssen pünktlich auf den Tisch kommen. Da ist schon richtig Druck auf dem Kessel.

Die dritte Generation: Philipp Stollsteimer

Was ist noch wichtig neben der Pünktlichkeit?

„Die Ansprüche der Gäste sind gestiegen. Das ist auch gut so, denn das treibt uns an. Schon mein Großvater war Küchenmetzger in der gehobenen Gastronomie, und diese Wurzeln zum Handwerk haben wir beibehalten: Hochwertiges Essen mit regionalen Zutaten für andere kochen.“

Gut kochen als Basis, reicht das schon?

„Heute geht es um viel mehr, was unserer Liebe zum Detail entgegenkommt. Eine Speisekarte mit Eselsohren mag vielleicht bei einem Pizza-Lieferdienst nichts ausmachen, aber in der Betriebsgastronomie zählt auch das Drumherum und Ambiente. Das Auge isst mit, das gilt natürlich auch für das, was auf den Teller kommt, gerade in Instagram-Zeiten. Die Erwartungshaltung hat sich schon stark verändert, was das angeht.“

Wie können Sie den sich schnell verändernden Trends und Ansprüchen genügen?

„Generell natürlich über die Fachpresse, Messebesuche, Austausch in Branchennetzwerken und Vieles mehr. Ganz konkret vor Ort: Mit Kundennähe und hoher Aufmerksamkeit! Und die kann auch ganz einfach gewährleistet werden. Ich rate allen Betriebsleitern, sich immer wieder vor die Theke zu stellen oder sich an die Tische zu setzen – um exakt den Blickwinkel unserer Gäste einzunehmen und daraus dann entsprechende Schlüsse zu ziehen, falls nötig.“

Bekommt jedes der gut 30 Betriebsrestaurants, die Sie betreiben, das gleiche Essen?

„Von der Warenwirtschaft her wäre das kaufmännisch gesehen ein Traum. Aber wir gestalten unsere Speisenangebote individuell, um den jeweiligen Ansprüchen zu genügen. Ein produzierender Betrieb benötigt andere Menüs als eine Verwaltung. Oder nehmen Sie nur die schwäbische Nationalspeise Linsen mit Spätzle – das ist eine Wissenschaft für sich. Schon von der Linsensorte her über den Speck bis zur Menge des Essigs. Das ist eine unserer Stärken: Wir können auf Wünsche reagieren und passen uns an. Es soll doch schmecken!“

Linsen mit Spätzle dürfen also nicht fehlen. Was sind denn sonst die beliebtesten Gerichte?

„Immer noch die Klassiker, auch wenn VW öffentlichkeitswirksam die Currywurst gestrichen hat. Bei uns ist sie immer noch ein Renner, so wie Schnitzel mit Kartoffelsalat oder Spaghetti Bolognese.“

Und was ist mit veganen und vegetarischen Gerichten?

„Die spielen natürlich eine viel größere Rolle als noch vor ein paar Jahren. Viele Gäste befassen sich mehr mit gesunder Ernährung, und denen können wir allein schon von der Frische und der Herkunft unserer natürlichen Produkte her etwas bieten.“

Die Forderung nach gesundem Essen…

„Wir beschäftigen Ernährungswissenschaftler und orientieren uns an den sich immer wieder ändernden Richtlinien. Unser Fachwissen kombinieren wir mit gesundem Menschenverstand zu einem ausgewogenen Angebot. Je geringer der Verarbeitungsgrad einer Speise, desto besser. Dass wir vor allem auf regionale Zutaten setzen und unsere Zulieferer kennen, unterstreicht unsere Glaubwürdigkeit.“

Haben häufigeres Home-Office und Produktivitätsstress im Büro die klassische Mittagspause verändert?

„Wenn die Leute gern bei uns essen, Ambiente und Speisen also stimmen, dann stärkt das Essen die Kommunikation. Ich habe kürzlich im Aufzug einen Dialog vor dem Speiseplan mitgehört, als eine Dame zur anderen sagte: Morgen arbeite ich lieber im Büro als zuhause, denn das gleiche Essen zuhause zuzubereiten, wäre viel zu aufwendig.
Außerdem erleben wir nach der Einführung der Mehrwegpflicht auch den Trend, dass sich Gäste das Essen mit nach Hause nehmen.“

Was haben Sie selbst denn am liebsten auf dem Teller?

„Grundsätzlich alles, was meine Frau kocht 😉 und im Sommer besonders gern ein gut gegrilltes Rindfleisch mit mediterranem Brotsalat.“

Info: Die Stollsteimer GmbH

Was im Jahre 1937 als Metzgerei in Stuttgart begann, entwickelte sich zu einem führenden Cateringbetrieb. Ein Team von 220 Mitarbeitern versorgt knapp 30 Betriebsrestaurants, Mensen, Seniorenheime sowie rund 300 Schulen und Kindergärten jeden Tag mit frischen, hochwertigen Speisen aus der Region.
Der Familienbetrieb setzt neben Qualität und Handwerkskunst auf die individuelle Bedienung von Kundenwünschen.

Vom Lenken und Ablenken

Wer sich nicht konzentriert, der riskiert. Vor allem Unfälle.

So fällt es einem garantiert schwer, geradeaus zu gucken

Wer diesen Text im fahrenden Auto liest, der macht ganz grundsätzlich etwas falsch. Er gefährdet nicht nur sein Lesevergnügen, sondern auch sich und andere. Aber geht ganz schnell, so einen Satz zu lesen, der selbst auf dem Display des Smartphones gar nicht viel Raum einnimmt… Richtig. Und trotzdem schon wieder etwas falsch gemacht. Na gut, es lässt sich aber auch prima auf dem Bildschirm im Auto lesen, mit automatischer Schriftgrößeneinstellung. Stimmt wohl – aber nur, wenn der Wagen steht. Deshalb: Bremst euch, Ihr Leser und Nebenher-Autofahrer. Beides zusammen geht echt nicht. Selbst dann nicht, wenn einem die kluge Autoelektronik viele Multitasking-Aufgaben abnimmt. Konzentrieren muss sich der Mensch immer noch selbst. Denn die Reaktionszeit begibt sich ja schon beim einfachen Telefonieren auf das Niveau eines Fahrers unter Alkoholeinfluss. 2021 waren jeder vierte Unfall und fünf Prozent aller Unfalltoten auf Ablenkung zurückzuführen, die Dunkelziffer dürfte um ein Mehrfaches höher liegen.

Multimedia als ewige Versuchung

Klar, die Versuchung fährt immer mit. Bloß schnell eine Mail checken, an der Ampel das Minuten-Glück bei Tiktok erleben, oder ein Emoji versenden. In den allermeisten Fällen passiert ja gar nichts, aber das ist eine trügerische, selbst gefärbte Statistik. Das Unfallrisiko durch zunehmende Ablenkung hinterm Steuer ist in den vergangenen sieben Jahren um 50 Prozent gestiegen. Auch Navigationsgeräte tragen zu diesem Multimedia-Crash bei. Jeder Blick, der länger als zwei Sekunden vom Verkehrsgeschehen abschweift, erhöht das Unfallrisiko. Und was sind schon zwei Sekunden… So kommt es, dass die Ablenkung zur am meisten unterschätzten Unfallursache auf unseren Straßen geworden ist. Alles, was mit Kommunikation und Bedienungselementen zu tun hat, ist laut Versicherungserhebungen in der Regel ein doppelt so hoher Faktor als die „weichen“ Ablenkungen, die Essen und Trinken, Kinder oder Körperpflege heißen.

Das Display spannender als der Verkehr

Was so ein moderner Bordcomputer alles kann! Auf dem Display tut sich mehr als in so manchem Action-Streifen bei Netflix. Alles selbst steuerbar – hier ein Dreh, da ein Touch, dort ein Regler. Autofahrer sind längst die Regisseure des eigenen Unterhaltungsprogramms. Tacho und Drehzahlmesser, früher mal die einzig notwendigen Instrumente für eine gelungene Fahrt, gehen in der Flut der Anzeigen und Möglichkeiten manchmal regelrecht unter. Selbst das geübte Auge muss sich in der visuellen Ablenkung immer wieder neu zurechtfinden. Schon wird an Sicherheitssystemen wie dem Driver-Monitoring getüftelt, das die Augen des Fahrers beobachtet, und Warnsignale gibt, wenn der Blick zu lange nicht dem Verkehr gilt.

Ablenkung ist nur was fürs Autonome Fahren

Die Verführungen werden immer größer, mit den neuen Raumverhältnissen durch die Elektromobilität verändern sich herkömmliche Pkw zu Multimedia-Mobilen. Das, was beim autonomen Fahren gut ist gegen die Langeweile, wird im noch selbstbestimmten Verkehr zur Gefahr für sich und andere. Das moderne Autocockpit mit all seinen Möglichkeiten, viele auch eher für Beifahrer gedacht, verhindert oft den Durchblick. Und wir stehen jetzt erst am Anfang. Wer bei der Bedienung des Navigations-Systems schon Schwierigkeiten mit der Konzentration hat, der dürfte komplett überfordert sein, wenn erst die Gaming Konzepte im Fahrzeug kommen, an denen viele Hersteller tüfteln.

Den Selbstversuch wagen

Auf Einsicht oder Verständnis bei den Erwischten ist kaum zu hoffen. Die Beschäftigung gerade mit dem Mobiltelefon macht ja vor keinem Lebensbereich Halt. Manches Essen scheint im Restaurant nur bestellt zu werden, um es auf Instagram zu posten. Wer jetzt behauptet, er sei völlig gegen jegliche Ablenkung gefeit, der wage den Selbstversuch und lege sein Telefon ins Auto, Display nach oben, aber nicht direkt ins Blickfeld. Vor der Abfahrt auf die Uhr gucken, und dann gedanklich mitstoppen, wie lange es dauert, zum ersten Mal danach zu greifen, natürlich nur „ganz kurz“. Ganz ehrlich: Das schaffen nur wenige. Aber allen sei gesagt: Aufmerksamkeit ist tatsächlich durch nichts zu ersetzen.

Karaoke ist nur was fürs Autonome Fahren

Die Verführungen werden immer größer, mit den neuen Raumverhältnissen durch die Elektromobilität verändern sich herkömmliche Pkw zu Multimedia-Mobilen. Das, was beim autonomen Fahren gut ist gegen die Langeweile, wird im noch selbstbestimmten Verkehr zur Gefahr für sich und andere. Das moderne Autocockpit mit all seinen Möglichkeiten, viele auch eher für Beifahrer gedacht, verhindert oft den Durchblick. Und wir stehen jetzt erst am Anfang. Wer bei der Bedienung des Navigationssystems schon Schwierigkeiten mit der Konzentration hat, der dürfte komplett überfordert sein, wenn erst die Gamingkonzepte im Fahrzeug kommen, an denen viele Hersteller tüfteln. Volkswagen hat im ID.7 für China Mikrofone und eine Karaoke-App einbauen lassen, in jedem Touchscreen gibt es einen eigenen Avatar.