Keiner transportiert Gefühle so schön wie der Bulli

Von wegen Nutzfahrzeug – auch bei der GTÜ ist der legendäre VW Kult.

Der Himmel über Niedersachsen ist wolkig, an diesem 8. März 1950, es könnte bald regnen. Trübe Aussichten. Kein Wunder, dass das kastenartige Fahrzeug mit der bürokratischen Bezeichnung VW Typ 2 T1 fortan die Flucht antreten wird, und wie kaum ein anderes deutsches Auto für Freiheit und Freundlichkeit steht. Vor einem Dreivierteljahrhundert wird die Grundlage für das heute populäre Van-Life erfunden, nur weiß das damals noch einer.

Wie der Bulli zu seinem Namen kam

Das Auto wird zum Klassiker, besonders die Modelle der zweiten Generation. Weil die Bezeichnung T2 aber auch nicht besonders sexy klingt, hat sich die Fangemeinde schnell auf die Kurzform „Bulli“ geeinigt, die wohl durch das Zusammenziehen der Wörter „Bus“ und „Lieferwagen“ entstanden ist. VW hatte sich Jahrzehnte lang nicht getraut, den Kosenamen offiziell zu benutzen, wollte keinen Rechtsstreit mit der Traktorfabrik Heinrich Lanz riskieren, die einen „Bulldog“ im Programm hatte. Schützen lassen hatte sich das Wort aber die Kässbohrer AG. Aber der Bulli als Inbegriff für Reiselust und Lustigkeit auf Reisen war nicht zu stoppen. Auch die GTÜ hat einen in ihrem Fuhrpark, der bei vielen Veranstaltungen ein Hingucker ist. Er transportiert nicht nur Menschen, sondern auch Gefühle.

Hip, aber nicht bloß für Hipster

Bullifahren ist ein ewiges Versprechen, das Erlebnis beginnt schon auf dem Weg, macht den grenzenlosen Erfolg und den Kultstatus aus. Wenn man so will ein Fluchtfahrzeug, raus aus dem Alltag, rein ins Fahrvergnügen. Jedes Anhalten wird zum Innehalten. Das Abenteuer liegt vor der Schiebetür. Für die Romantik braucht es ja nicht immer gleich ein Lagerfeuer. Gerade in diesen digitalen Zeiten ist ein analoges Erlebnis, noch dazu eins, das manchmal ruckelt, sein Geld wert. Selbst bei schlechtem Wetter sorgen die vielen großen Scheiben dafür, dass der Flower-Power-Film ablaufen kann, zumindest gedanklich. Wären wir nicht alle gern ein bisschen Hippie? Oder einfach nur hip, ohne sich als Hipster verkleiden zu müssen. Der Bulli lehrt uns Toleranz, nimmt alle mit, begeistert Frauen wie Männer, gehört zu keiner bestimmten Gesellschaftsschicht. Jeder sieht in ihm etwas anderes, davon zeugen Zehntausende Beiträge in einschlägigen Internet-Foren. Die einen wohlen bloß schrauben, die anderen vom Dachzelt aus in den Sternenhimmel gucken. Ganz klar, dieser Wagen steigert die Fantasie. Besser gesagt: Van-tasien.

Beziehungskiste auf Rädern

Der Bulli ist eine echte Beziehungskiste. Steht für ein besonderes Lebensgefühl, oder einfach nur unverfälschte Lebensfreude. Ein Traumwagen, in dem jede Fahrt zur Momentaufnahme taugt. Multipliziert mit dem Faktor Nostalgie. Auch der trägt zum besonderen Charme bei. Im Feuilleton der Tageszeitung „Welt“ wird der Siegeszug des über 13 Millionen mal gebauten Modells auch seinem freundlichen Antlitz zu: „Die unschuldigen Frontscheinwerfer, die lächelnde Stoßstange und die staunenden Augenbrauen des Kühlergrills.“ Eine rollende Designikone. So hat er es auch ins Bonner Haus der Geschichte geschafft.

Die Reise geht immer weiter

Bulli-Reisen enden für gewöhnlich nicht, wenn man zurückgekehrt ist. Die Spuren des Trips mögen zwar physikalisch weggewischt sein, aber in die Seele haben sie sich längst fest eingebrannt. Auch das hat mit der Magie zu tun, die anderen Fahrzeugen fehlt – und steht für eine große Sehnsucht. Bei Westfalia, wo unzählige Sonderausstattungen den Kastenwagen in einen stilvollen Camper verwandelt haben, ist die unschlagbare Kernthese geprägt worden: „Man ist zu Hause, wo man sich zu Hause fühlt.“ Auch auf Rädern.

Leuchtend schöne Kurven

Ein Plädoyer für letzte Ausfahrten im Herbst

Entspannte Touren zum Jahresende

Der Wetter-App vertrauen an diesem dunkelgrauen Sonntagmorgen, kurz vor halbneun, fällt noch schwer. Lieber nochmal gucken, aber da steht tatsächlich: Sonne ab neun. Die Zweifel kommen zurück, als es durch den Wald hochgeht. Noch dunkler, ziemlich nass dazu. Wo bleibt bloß der versprochene Goldene Herbst? Dann, oben auf der Ebene, der Durchbruch. Endlich. Genau dafür ging es raus aus der Garage: Für dieses einmalige Licht, fast wie auf einem Gemälde von Edward Hopper. Und schon folgt die nächste Vertrauensfrage: Sonnenblende runter oder Dach auf?

Wann immer sich eine Chance auf eine Ausfahrt in den vielleicht letzten schönen Tagen dieser Jahreszeit bietet, sollte sie unbedingt genutzt werden. Auf vier Rädern gilt die gleiche Faustregel wie auf zwei Beinen: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung. Richtig Grip müssen sie schon haben, die Reifen. Manche Kurve ist weit unberechenbarer als im Sommer. Wildwechsel, Laub und später die Dämmerung können schnell für ungeahnte Bremsen-Tests sorgen.

Wer den Indian Summer liebt und sucht, der muss nicht zwingend nach Neuengland oder Japan reisen. Das Blattgold findet sich auch auf der Schwäbischen Alb, im Spessart, in Thüringen, an der Mosel, im Spreewald, in der Eifel oder im Bayrischen Wald.  Ganz unpolitisch leuchten die Bäume in allen Ampel-Farben – und hunderten Farbtönen dazwischen. Da kommt kein Navigationssystem mit und keine andere Bordunterhaltung. Augen weg vom Bildschirm, rein in die Natur. Für den Fahrer geht das automatisch, Nebensitzer und Rückbanktouristen können auch die Seitenfenster zum Panoramablick nutzen.

Großes Naturkino eben. Beim Spazierenfahren werden zwar keine Pilze oder Blätter, dafür jedoch eine Menge nachhaltig schöner Momente gesammelt. Die haben auch den Vorteil, dass sie den ganzen Winter über halten. Die Straßen sind jetzt (meist) leerer, jedenfalls für die, die den Mittagessen- und Kaffee-Verkehr meiden können. Dafür ist das Licht so mild – und trotzdem so stark. Auch wer von der Melancholie gepackt wird, kann dieser freie Fahrt lassen. „Scenic drive“ nennen die Amerikaner diese höchst erbauliche Art der Fortbewegung. Dafür braucht es überhaupt kein richtiges Ziel, allein die Schönheit der Landschaft ist der Wegweiser.

Im Herbst, sagt der Spruch im Kalender, besinnen wir uns auf das, was wirklich zählt. Für manchen eine Zeit der Wehmut, für die meisten eine Zeit des Wohlfühlens. Das Klima zwischen Sommer und Winter weckt automatisch die Sehnsucht nach Wärme, und das lässt sich im Auto besser und schneller regeln als in den meisten Wohnzimmern. Wessen Tage sonst von seinem Office-Kalender verplant werden, der wird besonders genießen, dass das Zeitfenster einer leuchtenden Tour durch den Herbst vom Nebel vorgegeben ist: von dem Moment an, in dem er sich hebt – bis zu jenem, in dem er sich wieder senkt.

Warum kein Ritual daraus machen. Und am Ende jeder Tour steht wieder Vorfreude – diesmal aufs Frühjahr. Aber davon mehr im März.

IAA für Brummis: Strom statt Diesel

Die Antriebswende setzt den Trend auf der Transporter-Messe

Quelle: © VDA/IAA TRANSPORTATION 2024

Hach, wenn doch die ganze mobile Welt schon so sauber wäre, wie sie auf der IAA Transportation an den Himmel Hannovers und der Messehallen gemalt wird. Sogar das Riesenrad auf dem Gelände bewegt sich mit Solarenergie. Auf der internationalen Leitmesse für Nutzfahrzeuge und Logistik geht es vor allem um eins: den elektrischen Lastwagen. Und es gibt wohl kaum jemand, der dieser Art von E-Mobilität nicht den baldigen Durchbruch wünscht. Davon kündet schon das IAA-Motto „People and Goods on the Move“. Plakativer ist die Antriebswende so formuliert: „Strom statt Diesel.“

Quelle: © VDA/IAA TRANSPORTATION 2024

Wenn nur die Infrastruktur schon so weit wäre

Getrieben sind die hehren Vorsätze von der Vernunft, aber auch von den drohenden EU-Vorschriften, die bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 45 Prozent verringert haben sollen. Technisch ist das theoretisch vielleicht möglich, aber praktisch stehen dem noch die hohen Anschaffungspreise für die E-Brummis entgegen, die das zwei- bis dreifache herkömmlicher Lkw ausmachen. Ein anderes Problem gleicht den Sorgen aller E-Autobesitzer: die Ladestruktur, die für die Laster noch wichtiger ist, denn die meisten sind mit reichlich Termindruck unterwegs. Damit sieht es abgesehen von einigen Pilotprojekten noch reichlich mau aus, Supercharger fehlen in Europa meist ganz. Die Akkus für den Fernverkehr an sich sind schon ungeheuer leistungsfähig, leisten bis zu 600 kWh, was einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern entsprechen kann. Mit Brennstoffzellen betriebene Lkw bieten sich für die Zukunft als leistungsstarke Alternativen an.

Quelle: © VDA/IAA TRANSPORTATION 2024

Konkurrenz belebt den Lieferverkehr

Auch bei den kleineren Transportern, die in Lieferdienste-für-alles-Zeiten das Stadtbild prägen, tut sich was. Die Palette ist aber weit umfangreicher. Da sind Pick-ups mit Plug-in-Hybrid zu sehen, Wasserstoff-Transporter und E-Kastenwagen in allen Formen, auch mit wachsendem Anteil chinesischer Hersteller. Gerade der Transportmarkt ist stark umkämpft, das beflügelt Innovationen und neue Plattformen, wie sie in Hannover sowohl als Serienmodelle wie auch als Studien gezeigt werden. Der Trend geht klar zu Schnellladesystemen und höheren Batteriereichweiten. Die diesjährige IAA Transportation, die sich mit der in München stattfindenden IAA Mobility abwechselt, verzeichnet einen deutlichen Zuwachs an Ausstellern – 1.650 aus 41 Ländern. Diese präsentierten zusammen 145 Welt- und Messepremieren.

Quelle: © VDA/IAA TRANSPORTATION 2024

Transformation geht alle an

Die Fahrzeugbranche kann die Transformation sicher nicht allein stemmen, wie Hildegard Müller betont, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): „Die Industrie zeigt, dass wir bereits die Produkte für klimaneutrale und digitale Mobilität der Zukunft entwickelt haben. Die Ziele sind klar definiert, die Innovationen serienreif – jetzt müssen die Fahrzeuge auf die Straße gebracht werden. Dafür braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen und eine strategische, ineinandergreifende industriepolitische Agenda.“ Generell gilt für sie, dass Klimaneutralität im Verkehr eine Gemeinschaftsaufgabe sei: „Dieses Team besteht aus unterschiedlichsten Playern: Die Automobilindustrie ist dabei ein zentraler Akteur, neben beispielsweise Energieunternehmen, Stromnetzbetreibern und anderen Beteiligten. Brüssel und Berlin bestimmen die Rahmenbedingungen – gemeinsam kommen wir aber nur dann ans Ziel, wenn die Regeln aufeinander abgestimmt sind und regelmäßig überprüft werden. Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf.“ Daraus leitet sich ihr Merksatz für die ganze Branche ab: „Innovationen sind erst dann erfolgreich, wenn sie von der Gesellschaft auch angenommen werden.“

Quelle: © VDA/IAA TRANSPORTATION 2024