Mythos Solitude: Was ganz Stuttgart zum Rasen bringt

Warum ein Motorsport-Klassiker neu auflebt.

Im Herzen Stuttgarts: das StadtPalais und die Solitude-Sonderschau (Bild: StadtPalais – Museum für Stuttgart)

Die Autostadt Stuttgart in fünf Worten beschreiben, das geht ungefähr so: Porsche. Mercedes. Bosch. GTÜ. Und dann noch: Solitude. Wie, Sie können mit dem letzten Begriff nichts anfangen? Dann haben Sie vermutlich weniger mit der Automobilhistorie zu tun. Denn in der Oldtimer-Szene hat der Name der klassischen Stuttgarter Rennstrecke einen Klang wie Nürburgring, Spa-Franchorchamps oder Laguna Seca – alles berühmte und stark von der Topographie geprägte Pisten.

Sie überlegen immer noch, ob Sie etwas verpasst haben, oder ob Sie den Begriff nicht doch schon einmal gehört haben? Verpasst: in jedem Fall. Noch nie gehört? Dann sind Sie vielleicht erst nach den Sechziger Jahren auf die Welt gekommen. Heute sind die Solitude-Rennen Legende. Es wäre unvorstellbar, dass direkt vor den Toren der Landeshauptstadt Läufe zur Motorrad-Weltmeisterschaft und Formel-1-Rennen ausgetragen werden – auch wenn sich das viele angesichts des Booms in den jeweiligen Königsklassen des Motorsports wünschen würden. So bleibt die Solitude, auf der von 1903 bis 1965 großartige Rennen stattgefunden haben, ein Phänomen. Aber die Faszination ist ungebrochen.

Der Motorsport mobilisiert eine ganze Stadt

Unsere Kollegen vom GTÜ Classic Portal, die alle Dienstleistungen rund um historische Automobile anbieten, haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass die Solitude zurück ist in diesem Herbst. Nicht als Rennen, dafür als Ausstellung mitten im Herzen von Stuttgart. Im Stadtpalais läuft noch bis zum 14. November die Sonderschau „Mythos Solitude“. Der Anlass für die Kuratoren Tobias Aichele und Henning Guthard ist kein bestimmtes Jubiläum. Vielmehr wollen sie ein Ereignis würdigen, bei dem damals gefühlt jeder in der Stadt dabei war – und rufen damit eine jener in Pandemiezeiten so rar gewordenen kollektiven Ereignisse in Erinnerung.

Die ungeheure Anziehungskraft lässt sich auch statistisch belegen: Stuttgart hatte damals an die 600.000 Einwohner, bis zu 340.000 Zuschauer pilgerten zum Rennwochenende an die Solitude, die ihren Namen vom gleichnamigen Schlösschen hat. Insgesamt lockten die Veranstaltungen 4,5 Millionen Zuschauer an. Es ist eine Massenbewegung, die sich in den Nachkriegsjahren auf den Weg stadtauswärts Richtung Glemseck und ins Mahdental hinaus machte, um für ein Wochenende schwierige Zeiten zu vergessen. Die sich auf Bäume kauern oder an solchen festhalten, um an Steilhängen einen Blick auf die vorbeirasenden Rennfahrer zu erhaschen. Wer mit dem Auto anreiste, durfte es an der Leonberger Autobahn abstellen. Fast zwölf Kilometer ist der Rundkurs lang, von dem heute noch Teile der Boxenanlage und der Turm der Rennleitung erhalten sind.

Auch die Topstars der Formel 1 lieben die Solitude

Die besten Piloten der Welt erreichen einen Schnitt von 160 km/h, was angesichts der vielen engen Kurven und der engen Straße heute fast unvorstellbar ist. Die Stars kommen mit Sport- und Formel-Rennwagen aus der ganzen Welt: Graham Hill, Jim Clark, Dan Gurney, Jack Brabham. Mit Hans Herrmann, Gerhard Mitter oder Herbert Linge hat Stuttgart auch lokale Größen am Start und auf dem Siegerpodest. Die Euphorie der ungeheuren Kulisse steckt an – die Fahrerpartys im Haus des Rennleiters Huschke von Hanstein sind berühmt.

Das Fahrerlager wird auf Wiesen improvisiert, die Zuschauer kommen den Fahrzeugen und Fahrern noch nah, unter ihnen auch ein junger Maschinenbau-Student namens Jürgen Hubbert, der später Vorstandsmitglied bei Mercedes wird und maßgeblich an der Rückkehr der Silberpfeilen der Neuzeit beteiligt ist. Die Solitude hat eine ganze Stadt, die immer noch stark vom Auto lebt, geprägt. Die Rennen haben eindrucksvoll bewiesen, dass Automobile und Motorräder weit mehr sind als Gebrauchsgegenstände – sie schaffen auch Erlebnisse, wecken Emotionen. Diese Gedanken historisch zu belegen, am Leben zu erhalten und weiterzutragen, ist eines der Ansinnen der Museumsmacher.

Ausstellungsbesucher am Drücker

Entsprechend aktiv ist die Ausstellung gestaltet, allerdings nicht digital, sondern analog. In der Mitte des Salons Sophie bildet eine riesige Carrera-Bahn die Streckenführung der Solitude nach. Jeder darf hier auf die Jagd nach der schnellsten Runde gehen. Der strenge Wärter reicht Handschuhe und besteht darauf, dass diese angezogen werden. Das sieht zwar stilecht aus, hat aber natürlich mit den Corona-Verordnungen zu tun. Der allgegenwärtige Motorsport-Bazillus ist da ungefährlicher. Auch was sich von den liebevoll durch den Verein Solitude Revival zusammengetragenen Exponaten nicht bewegt, löst Gedankenreisen aus. Plakate, Programmhefte, Pokale, ein Porsche 904, sogar ein Stück Leitplanke.

Feuerfest: Leitplanke, nicht die Handschuhe

Der Technische Dienst spielt eine Rolle

In einer Vitrine findet sich auch eine Armbinde mit der Aufschrift „Technischer Dienst“.

Wer mit der GTÜ zu tun hat, kennt diesen Begriff. Der „TD“ ist das Herzstück der Prüforganisation, das 2009 vom Kraftfahrt-Bundesamt zertifizierte Prüflaboratorium für Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten. Aus der Moderne ergibt sich die Parallele zur Vergangenheit und zur Solitude: früher waren die Rennen tatsächlich auch auf die Spitze getriebene Testfahrten. Auf der Berg- und Talbahn Solitude erprobten die Stuttgarter Hersteller auch abseits des Großen Preises so manchen Sportwagen.

Heute wird der Platz an Start- und Ziel als Verkehrsübungsplatz genutzt. Ansonsten wird die Strecke selbst nur noch sonntags so sportlich befahren, wie es die Verkehrsregeln zulassen. Sie ist vor allem ein Treffpunkt für Motorradfahrer, die aus ganz Deutschland kommen, um eine der schönsten und anspruchsvollste Strecken der Welt einmal selbst nachzufahren.  Denn die Solitude ist immer noch ein Ort, an dem sich eine alte Branchenweisheit des Motorsports bewahrheiten lässt: Geraden sind für Fahrzeuge gemacht, Kurven für Fahrer.

Ausstellungsinfos auch unter stadtpalais-stuttgart.de

Ausgewiesene Experten: Armbinde für den Technischen Dienst

„Eigeninitiative gibt Pluspunkte“

Zum elften Mal wird der Deutsche Werkstattpreis verliehen, erstmals ist die GTÜ Partner des Wettbewerbs.

Die Sieger beim Deutschen Werkstattpreis – eigentliche Gewinner sind aber die Kunden (Fotos: Stefan Bausewein)

Werkstätten sind das Herz aller Prüftätigkeiten, die die Partner der GTÜ vornehmen. Für die Sachverständigenorganisation liegt es daher nahe, die Suche nach den innovativsten Betrieben der Republik aktiv zu unterstützen. Zusammen mit der Automechanika Frankfurt und Continental unterstützt die GTÜ den Deutschen Werkstattpreis, der am 8. Oktober in Würzburg verliehen wurde.

Ganz vorn: eine Schweinfurter Meisterwerkstatt

Ausgezeichnet und prämiert werden dabei freie Werkstätten, die sich durch innovative Servicekonzepte und/oder ausgefeilte Marketingstrategien auszeichnen. 24 unabhängige Unternehmen, vom Autohaus bis zum inhabergeführten Servicebetrieb, hatten es mit ihrer Einreichung in die Jury-Beratungen geschafft. Daraus wurden die Top Ten ermittelt, aus denen schließlich die Mezger Meisterwerkstatt in Schweinfurt als Sieger hervorgegangen ist. Der Slogan des Unternehmens trägt ein Versprechen in sich: „Wir tun alles für Ihr Auto!“ Über den zweiten Platz konnte sich das Team von Auto Hirsch aus Wildenberg freuen, Rang drei ging an die freie Mehrmarkenwerkstatt Restemeier aus Osnabrück.

Eine Herzensangelegenheit für die GTÜ

Für die GTÜ saß Stefan Schüßler, Leiter Neue Dienstleistungen/Dienstleistungsprozesse, in der Jury. Zu bewerten galt es unter anderem innovative Service-Ideen, klare Prozesse und hervorragenden Kundendienst. Experte Schüßler, der drei Betriebe selbst genau unter die Lupe genommen hat, sieht einen tiefen Sinn in der Beteiligung der Prüforganisation an dem Wettbewerb, der von der Fachzeitschrift „kfz-Betrieb“ ausgelobt wird: „Wir von der GTÜ sind in vielen freien Werkstätten mit unseren Dienstleistungen vertreten. Deshalb ist es uns ein Herzensanliegen, uns bei diesem Preis zu engagieren. Wir unterstreichen auf diese Art auch die Verbundenheit mit unseren Partnern.“

Mit Herz in der Jury: GTÜ-Experte Stefan Schüßler

In der Nische ist noch viel zu holen

Bei seinen Besuchen vor Ort hat Stefan Schüßler sein geschultes Auge natürlich auf die Ausstattung der Werkstätten gerichtet und auf das Portfolio der Dienstleistungen. Für ihn war aber auch wichtig, „ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das Arbeitsklima dort jeweils ist“. Häufig hat er eine familiäre Atmosphäre vorgefunden, zudem einen Trend feststellen können: „Die Werkstätten suchen sich zusätzlich zum Service- und Reparaturgeschäft Nischen auf dem Markt, mit denen sie zum Teil nicht bloß regional, sondern auch überregional Kunden anziehen können.“ Ein Kandidat hat sich beispielsweise auf die Reinigung von Dieselpartikelfiltern spezialisiert und betreibt mehrere entsprechende Reinigungsanlagen. Ein anderer hat sämtliche Spezialwerkzeuge für Fahrzeuge von VW, Audi, Seat und Skoda angeschafft und bindet so eine ganz bestimmte Klientel an sich. Der Nächste ist rechtzeitig auf den Trend zum Caravan aufgesprungen und hat inzwischen gegenüber seiner eigentlichen Werkstatt eine weitere Halle mit den erforderlichen Serviceleistungen errichtet und sich so ein zweites Standbein geschaffen. Nicht nur mit Blick auf den Bewertungsbogen sagt der GTÜ-Fachmann: „Die Initiative zu ergreifen und neue Themen aktiv anzugehen und umzusetzen gibt immer Pluspunkte.“ 

Flutopfer: Wie die GTÜ helfen hilft

Mit Hilfsgütern und Geldspenden unterstützt die GTÜ Hochwasseropfer in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

Auch GTÜ-Partner Dr. Oliver Brockmann erlebt, wie willkommen der Bulli ist – er bringt Hilfsgüter und ein bisschen Hoffnung mit

Was brauchen die vielen Menschen, die von der Flut und deren Folgen überrascht wurden und vor den Trümmern oder dem Nichts stehen am dringendsten – finanzielle Unterstützung oder Sachgüter? Die Partnerbetriebe der GTÜ in den Regionen, zum Teil selbst stark getroffen, meldeten zurück: am besten beides. Auf die Hilferufe wurde in der Stuttgarter Zentrale schnell und auf unterschiedliche Weise reagiert.

Drei Transporter voll beladen

Unter dem Motto „Die GTÜ hilft helfen“ machten sich drei Mal voll beladene VW-Transporter auf den Weg in die Regionen, nachdem die erste Rückmeldung aus der Eifel gelautet hatte: Uns fehlt Material, um das Chaos zu beseitigen und zu retten, was zu retten ist. So wurde beispielsweise eine Feuerwehr in einer Krisenregion wieder einsatzfähig, nach dem Dr. Frederik Schmidt, Leiter Recht und Politik nötiges Spezialwerkzeug aus Stuttgart überbrachte. Frank Reichert, Leiter Unternehmenskommunikation lieferte mit einer weiteren Fahrt Basiswerkzeug und Drogerieartikel in die Eifel. Und GTÜ-Geschäftsführer Robert Köstler brachte persönlich eine Hilfslieferung in den Westen Deutschlands und übergab vier professionelle Bautrocknungsgeräte zum direkten Einsatz in den Hochwasserregionen.

Denn in den betroffenen Gebieten litten besonders auch viele Privatleute darunter, dass es für die Aufräumarbeiten am Nötigsten fehlte und die Baumärkte im Umkreis von hundert Kilometern ausverkauft waren. So fanden neben den Bautrocknern auch Dampfstrahler, Schubkarren, Schaufeln, Eimer oder Gummistiefel den direkten Weg zu den Betroffenen. Auch Taschenlampen aus dem eigenen GTÜ-Bestand wurden eingepackt.

Von Sonnencreme bis zu Bautrocknern  

Vielen Menschen fehlte es am Nötigsten, Helfer und Opfer freuten sich auch über Pflegeartikel wie Sonnencreme und Pflaster. In den Drogeriemärkten, Fachgeschäften und Baumärkten, in denen die GTÜ-Verantwortlichen für rund 15.000 Euro Hilfsgüter erstanden, war die Hilfsbereitschaft und die Anerkennung für die Aktion groß. Händler gaben großzügige Rabatte oder schickten gratis Material, das sie noch auf Lager hatten, mit auf die Reise. „An diesen Sachspenden, aber auch an den erheblichen Geldmitteln, die aus allen Teilen der Bevölkerung auf Spendenkonten fließen, kann man erkennen, worauf es ankommt – um grundlegende Hilfe“, sagt GTÜ-Geschäftsführerin Dimitra Theocharidou-Sohns. „Wir freuen uns, dass wir als GTÜ dazu Beiträge leisten können.“

50.000 Euro für die Sat 1-Spendengala

Natürlich ist in einer solche Notlage finanzielle Hilfe ebenso von grundlegender Wichtigkeit. Die GTÜ hatte sich deshalb dazu entschieden, bei der Spendengala „Deutschland hilft“ des Fernsehsenders Sat 1 eine Spende von 50.000 Euro zu machen, die auch von Moderator Ralf Schmitz während der Livesendung besonders gewürdigt wurde: „Die Gesellschaft für Technische Überwachung GTÜ macht eine Großspende von 50.000 Euro. Toll!“ Dazu Robert Köstler: „Wir sind sicher, dass auf diese Weise vielen Menschen geholfen werden kann.“ Darüber hinaus haben GTÜ-Partner aus dem flächendeckenden Netzwerk der Prüforganisation in ganz Deutschland den Hochwasseropfern ebenfalls Geld gespendet. Für Köstler ist das ein tolles Zeichen: „Es zeigt die Solidarität in unserer Organisation. Und zugleich ist es Ausdruck des Miteinanders innerhalb der Gesellschaft, das in solchen Ausnahmesituationen besonders wichtig ist.“ Um das wertzuschätzen, wird die GTÜ das Spendenvolumen aus ihrem Partnernetzwerk noch entsprechend ergänzen.