Durchstarten als Prüfingenieurin

Technische Berufe profitieren, wenn sich mehr Frauen dafür begeistern. Die Qualifizierung zur Prüfingenieurin durch die GTÜ trägt dazu bei.

Das Thema Chancengleichheit von Männern und Frauen hat bei der GTÜ einen hohen Stellenwert. „Ob über eine Ausbildung oder den Direkteinstieg: Wir haben zahlreiche Tätigkeiten mit unmittelbarem Technikbezug“, sagt Geraldine Katz, Personalleiterin der GTÜ, über die vielfältigen Angebote, „und den Frauenanteil in diesen Berufen weiter auszubauen, das ist unser erklärtes Ziel.“ Zu der gebotenen Transparenz und einer Gleichbehandlung der Geschlechter trägt auch das GTÜ-Entgeltsystem bei.

Lina Suerland weiß das – und weiß es auch zu schätzen. Sie hat sich bewusst für eine Tätigkeit bei der GTÜ entschieden – als Prüfingenieurin. Künftig wird sie bei einem GTÜ-Partner, der Gupro GmbH & Co. KG mit insgesamt vier Prüfstellen im Gebiet Ostwestfalen-Lippe, unter anderem Hauptuntersuchungen (HU) durchführen. „Darauf freue ich mich“, sagt die Fünfundzwanzigjährige, „denn dieser Beruf verbindet auf ideale Weise Theorie und Praxis und ist sehr abwechslungsreich.“

Auch mal weg vom Schreibtisch

Letzten Herbst hat sie ihr duales Studium an der Universität Paderborn abgeschlossen und besitzt nun eine Doppelqualifikation: Maschinenbauingenieurin und Industriemechanikerin. Das Interesse an Technik und Fahrzeugen liegt in der Familie: Ihr Vater ist Inhaber eines Busunternehmens. „Da war ich schon als Kind oft in der Fahrzeughalle dabei“, erinnert sie sich. Als sie 2014 mit ihrer Berufsausbildung begann, dachte sie noch nicht an eine Tätigkeit im Prüfwesen. Der Wunsch formte sich während ihrer Praktika, wo sie verschiedene Arbeitsgebiete für Ingenieurinnen kennenlernen konnte. Ihr wurde klar, dass ein reiner Bürojob nicht ihr Ding wäre. Und nun!? Sie wurde auf den Beruf der Prüfingenieurin aufmerksam und suchte sich einen entsprechenden Praktikumsplatz. In der Praxis machte sie Erfahrungen, die ihr bestätigten: Hier bin ich richtig.

Für Lina Suerland gilt: doppelt qualifiziert hält besser

Immer auf der Höhe der Technik

Momentan absolviert sie bei der GTÜ die rund ein dreiviertel Jahr dauernde Qualifizierung zur Prüfingenieurin – zusammen mit drei weiteren Frauen und 48 Männern. Wegen der Corona-Einschränkungen läuft die Ausbildung aber anders als gedacht. Die Theorieblöcke finden als Online-Einheiten statt, die Praxisseminare in den GTÜ-Schulungszentren Mayen und Michelstadt sind vorerst aufgeschoben. Geblieben ist die in die On-top-Qualifizierung integrierte Prüfpraxis bei der Gupro GmbH & Co. KG. „Dort fühle ich mich sehr wohl. Ich wurde sehr gut aufgenommen und kann den Kolleginnen und Kollegen alle Fragen stellen, die auch für meine Ausbildung wichtig sind“, sagt Lina Suerland. „Was mir an der Tätigkeit außerdem gefällt: Man muss immer am Ball der Technikentwicklung bleiben, um qualifiziert arbeiten zu können.“

Natürlich auch unter Strom

Ein aktuelles Beispiel sind dabei die Elektroautos, die in den Prüfstellen mehr und mehr zum Alltag gehören. Selbstverständlich ist dieses Feld der Mobilität auch Teil ihrer Ausbildung an der GTÜ-Akademie. Lina Suerland ist längst sicher, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hat: „Mein Plan ist bisher voll aufgegangen. Jedem, der im Ingenieurwesen aktiv tätig sein möchte, kann ich dieses Berufsbild nur empfehlen.“ Mit einem Lachen schickt sie hinterher: „Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Frauen Prüfingenieurin werden.“

Eine Ingenieurin macht sich selbständig

Ein Unfall, der auch sein Gutes hatte: Die Studentin Samira Zahra Abbassi entdeckte die GTÜ. Heute besitzt sie eine eigene Prüfstelle.

Autos und Technik haben Samira Zahra Abbassi schon früh fasziniert. Die Leidenschaft mündete in ein Maschinenbaustudium an der Hochschule Aalen. Zu welcher Tätigkeit das führen sollte, war ihr anfangs noch nicht klar. Ein Autounfall mit Blechschaden gab dann den Impuls: „Nachdem ich den GTÜ-Sachverständigen beim Begutachten meines Fahrzeugs erlebt hatte, habe ich gemerkt: Das möchte ich auch machen.“ Eine Woche später bewarb sie sich bei einem Partnerbetrieb, dem Ingenieurbüro Steiner in Baden-Baden. Doch mit einer Stelle als Sachverständige konnte dieser nicht dienen. Aber – ob sie auch schon einmal an den Beruf der Prüfingenieurin gedacht habe? Hatte sie nicht. Doch Samira Zahra Abbassi musste nicht lange überzeugt werden: „Das hat mir sogar noch besser gefallen.“ Dementsprechend absolvierte sie ihre Qualifizierung bei der GTÜ und war nach der Ausbildung mehrere Jahre beim Ingenieurbüro Steiner tätig.

Entscheidungen für die Zukunft

2018 kam der nächste große Schritt: Samira Zahra Abbassi bereitete ihre Selbständigkeit vor: „Die GTÜ hat mir verlässlich bei allen notwendigen Schritten geholfen.“ So superschnell wie erhofft ist sie dennoch nicht zur eigenen Prüfstelle gekommen. Erst hat sie als Springerin gearbeitet und in mehreren Prüfstellen in Baden-Württemberg Krankheits- und Urlaubsvertretungen übernommen. Längst weiß sie den Wert dieser vielfältigen Praxiserfahrung zu schätzen: „Außerdem konnte ich meine Entscheidung für die Selbstständigkeit noch einmal abklopfen – und letztendlich festigen.“ Im Juli 2019 fand sie an ihrem Studienort Aalen geeignete Räumlichkeiten für eine eigene Prüfstelle, eine Halle mit Platz für zwei Prüfbahnen. Ein Tipp der GTÜ-Expertinnen und Experten lautete: Statte erst einmal eine davon richtig aus, um die zweite als Expansionsmöglichkeit zu haben. Samira Zahra Abbassi traf weitere zukunftsweisende Entscheidungen: Ihre Prüfbahn hat sie von vornherein mit einer passenden Hebebühne für lange Transporter und für bis zu fünf Tonnen Achslast ausgestattet. Der Bremsenprüfstand ist aushebbar und eignet sich somit für Tandemachsen. Das Abgasmessgerät ist mobil und kann problemlos etwa in Autohäuser und Werkstätten mitgenommen werden – mit diesen arbeitet die selbstständige Prüfingenieurin ebenfalls zusammen.

Vertrauen schaffen, direkt kommunizieren: Prüfingenieurin Samira Zahra Abbassi

Einfühlungsvermögen – auch für Menschen

Im März 2020 und damit im Jahr ihres 40. Geburtstags fand die Eröffnung statt. „Ein Monat später kam der erste Corona-Lockdown“, erinnert sich Samira Zahra Abbassi, „doch es hat geklappt, die Kunden sind gekommen.“ Als wichtige Kontaktplattform insbesondere für Privatkunden haben sich für die neue Prüfstelle vor allem Social Media erwiesen. Außerdem werden dort direkte Empfehlungen für ihre Dienstleistungen ausgesprochen.

Was sie an diesem Beruf so fasziniert? „Ich mag den persönlichen Kundenkontakt. Viele Kunden sind nervös, wenn sie mit ihrem Fahrzeug zur HU kommen, weil sie gespannt sind, ob es mängelfrei hindurch kommt. Ich habe den Anspruch, ihnen diese Nervosität zu nehmen“, sagt Samira Zahra Abbassi. Ihr Erfolgsrezept dafür: „Ich erkläre alles ganz genau am Fahrzeug und mache dabei deutlich, welche Folgen der festgestellte Mangel hat. Das schafft Vertrauen. Und zwar sowohl bei männlichen wie auch bei weiblichen Kunden. Je mehr ich kommuniziere, desto offener werden die Kunden.“

Technischer Sachverstand, Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen, das sind für sie die drei wichtigsten Aspekte ihrer Tätigkeit als Prüfingenieurin. Das persönliche Fazit von Samira Zahra Abbassi: „Es lohnt sich, den Mut zu fassen. Wer auto- und technikaffin ist, wird nicht enttäuscht. Und die GTÜ ist beispielgebend: Sie steht voll hinter ihren Partnern und unterstützt uns.“

Das Interview mit der Prüfingenieurin zum Reinhören

Nachhaltig gewinnen

Drei Buchstaben mit großer Bedeutung: WIN, das ist die Abkürzung für die „Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit“ des Landes Baden-Württemberg. Ein Gewinn ist auch die Unterzeichnung der WIN-Charta durch die GTÜ.

Damit hat sich die GTÜ verpflichtet, die zwölf WIN-Leitsätze einzuhalten und die Nachhaltigkeit des Unternehmens weiter voranzutreiben. Menschenrechte, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Umweltbelange, ökonomischer Mehrwert, nachhaltige und faire Finanzen, Verhinderung von Korruption und regionaler Mehrwert – diese Felder werden durch die Leitsätze abgedeckt. Mehr als 225 Betriebe haben sich bisher der Initiative angeschlossen und können mit dem Qualitätssiegel der WIN-Charta werben.

„Wir stehen voll hinter den Werten, die die WIN-Charta vertritt. Sie beschreiben für uns eine ganzheitlich gelebte Nachhaltigkeit“, sagt Robert Köstler, Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung der GTÜ. „Nachhaltigkeit strahlt längst in alle Unternehmensfelder und zahlreiche Geschäftsprozesse hinein. Sie ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.“

Es geht auch um Wohlbefinden und Verantwortung

Die WIN-Leitsätze korrespondieren inhaltlich mit den 17 Zielen der Vereinten Nationen (UN) für nachhaltige Entwicklung – den „Sustainable Development Goals“ (SDG). Mit dem Unterzeichnen und Umsetzen allein ist es freilich nicht getan. Denn jedes WIN-Charta-Zielkonzept schreibt fest, welche Leitsätze besonders im Mittelpunkt des Handelns stehen und wie die Vorgehensweise sein wird.

„Auf drei Leitsätze will sich die GTÜ in den kommenden Jahren besonders konzentrieren“, sagt Dimitra Theocharidou-Sohns, Geschäftsführerin der GTÜ. „Auf den Leitsatz 02 zum Mitarbeiterwohlbefinden: Wir achten, schützen und fördern das Wohlbefinden und die Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dann auf den Leitsatz 06 zur Produktverantwortung: Wir übernehmen für unsere Leistungen und Produkte Verantwortung, indem wir den Wertschöpfungsprozess und den Produktzyklus auf ihre Nachhaltigkeit hin untersuchen und diesbezüglich Transparenz schaffen. Und schließlich auf den Leitsatz 10 zur Anti-Korruption: Wir verhindern Korruption, decken sie auf und sanktionieren sie.“

Blatt für Blatt ein Gewinn

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der WIN-Charta: Das unterzeichnende Unternehmen verpflichtet sich, ein WIN!-Projekt durchzuführen und damit ganz konkret in einer Sache nachhaltig zu handeln. Die GTÜ hat sich sogar zu zwei Projekten verpflichtet. Das eine verkörpert eine 500 Quadratmeter große Bienenweide im Kraichgau – ein geschützter Lebensraum für Insekten, Vögel und Wildblumen. Das andere findet im eigenen Haus statt. Es zielt darauf ab, nur noch halb so viel Papier durch die Computerdrucker der GTÜ zu jagen. Denn bei der Papierherstellung werden erhebliche Mengen an Holz, Wasser und Strom verbraucht. Damit verbunden entsteht außerdem CO2, das die Erderwärmung beschleunigt. Um wichtige Ressourcen einzusparen, ist die Zielvorgabe des WIN!-Projekts auch sehr konkret: Im Jahr 2021 soll der Papierverbrauch in der GTÜ-Unternehmenszentrale im Vergleich zu 2019 halbiert werden. Damals lag er bei mehr als 850.000 Blatt. Würde man diese Menge aufschichten, wäre der Stapel doppelt so hoch wie beispielsweise das Gebäude des Mercedes-Benz Museums – ganz schön eindrucksvoll.

„Schon 2020 haben wir den Papierverbrauch deutlich reduziert“, sagt Frank Reichert, Leiter der Unternehmenskommunikation, „im Vergleich zu 2019 über das gesamte Jahr um 31 Prozent.“ Sicherlich, Homeoffice aufgrund der Corona-Pandemie und damit eine geringere Zahl an Mitarbeitern in der Unternehmenszentrale haben dabei geholfen. Entscheidend ist aber: „Die Richtung stimmt. Einzelne Unternehmensbereiche haben sogar über 90 Prozent weniger Papier verbraucht.“

WIN-Charta

Das WIN-Charta-Zielkonzept der GTÜ kann öffentlich eingesehen werden. Hinterlegt ist es auf unserer eigenen Website und außerdem unter diesem Link auf der Seite des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.